Kopie (2003) des ovalen Spinetts von Bartolomeo Cristofori von 1690

Diese Kopie war ein Gemeinschaftsprojekt von Kerstin Schwarz und Tony Chinnery und wurde in den Jahren 2002/ 2003 für die Musikinstrumenten-Abteilung der Galleria dell'Accademia gebaut.

Kopie des Cristofori-Spinetts von 1690
Tastatur der Kopie des Cristofori-Spinetts von 1690
Detail des Resonanzbodens mit Rosette
die Innenkonstruktion der Kopie des Cristofori-Spinetts
die Spinettkonstruktion von oben
die Spinett-Konstruktion vor dem Einleimen des Resonanzbodens
die Spinett-Konstruktion während des Aufleimens der Wände
der Resonanzboden von unten mit Roppen und Springer-Blockführung
Röntgenaufnahme des Cristofori-Spinetts von 1690

Beschreibung des Instruments

Das ovale Spinett von 1690 ist ein Instrument welches sowohl wegen seiner besonderen Form als auch wegen des Palisander-Holzes und wegen der technischen Details auffällt. Cristofori hat zwei Exemplare dieses außergewöhnlichen Modelles gebaut, beide für den Prinzen Ferdinando de’ Medici. Alle beiden Spinette werden im Inventar der Musikinstrumentensammlung Ferdinandos von 1700 beschrieben und für beide sind die entsprechenden Rechnungen im Archiv in Florenz erhalten. Daher wissen wir, dass Cristofori für das Spinett von 1690 für einen Mitarbeiter einen zehnmonatigen Lohn berechnete, dass er außerdem einen Kunsttischler zur Verfügung hatte und am Ende den Betrag verdoppelte mit der einfachen Formulierung „für meine Arbeit“.

Das ovale Spinett von 1693 war seit Beginn des 20. Jahrhunderts bekannt (heute im Grassi-Museum Leipzig), das von 1690 galt dagegen als verschollen und niemand hätte das Wiederauftauchen im Jahre 2000 für möglich gehalten. Es wurde im Nachlass des bedeutenden Kunsthändlers Stefano Bardini (1836 – 1922) gefunden, der auf Wunsch des letzten Erben in den Besitz des italienischen Staates überging, aber erst 30 Jahre später wegen juristischer Probleme offiziell übergeben werden konnte. Seit 2001 befindet sich das Spinett von 1690 im neuen Musikinstrumenten-Museum innerhalb der Galleria dell’Accademia in Florenz. Obwohl in nicht sehr gutem Erhaltungszustand, ist es Dank der unveränderten Originalsubstanz eine einzigartige Quelle für die instrumentenkundliche Forschung.

Mit den ovalen Spinetten ist es Cristofori gelungen, die Vorteile des Cembalos wie z. B die langen Basssaiten und die Möglichkeit der Verwendung von zwei Acht-Fuß-Registern mit der platzsparenden Version des Spinetts zu verbinden. Das Ergebnis ist ein ästhetisch anspruchsvolles, elegantes Instrument, in dem sich die Basssaiten in der Mitte des Resonanzbodens und die Diskantsaiten jeweils alternierend rechts und links davon befinden.

Diese Saitenanordnung erfordert eine Tastatur, in der sich jeweils eine kurze und eine lange Taste einander abwechseln. Im Unterschied zum normalen Spinett mit einem Register hat das ovale Spinett zwei Acht-Fuß-Register. Die Registerwahl und Registerkopplung geschieht mit Hilfe der Verschiebung der Tastatur, welche in drei verschiedenen Positionen gespielt werden kann und für die sich Cristofori ein kompliziertes System von Einschnitten und Zulagen auf den Hinterenden der Tasten erdacht hat.

Das ovale Spinett von 1690 hat ein Gehäuse aus afrikanischem Palisander, einen Resonanzboden aus Zypresse mit schöner Rosette und eine Tastatur aus Elfenbein. Der Tastenumfang ist C/E-c3 mit sogenannter „kurzer Oktave“ (die erste Taste scheint ein E zu sein, wird aber als C gestimmt und die ersten beiden schwarzen Tasten sind geteilt). Mit den beiden ovalen Spinetten ist es Cristofori gelungen, die musikalischen Möglichkeiten eines eigentlich schon an seine Grenzen gelangten Instrumententyps zu erweitern und zu verbessern.

2012 wurde das Spinett einer konservatorischen Restaurierung unterzogen. Für eine ausführliche Beschreibung und Fotos siehe Restaurierung

Veröffentlichung

KERSTIN SCHWARZ und TONY CHINNERY, The creation of a new instrument. The ‘oval spinet’ from a builder’s perspective, Bartolomeo Cristofori - La spinetta ovale del 1690, Ministero per i beni e le attività culturali, Soprindendenza speciale per il polo museale fiorentino, Sillabe 2002, p. 44-61
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Hörbeispiele/ CD

Alessandro Scarlatti, Toccata in [re/d] (mp3, 2'19)
Alessandro Scarlatti, Follia di Spagna, 17. Partita (mp3, 0'24)
Ella Sevskaya, Cristofori-Spinett-Kopie

Mehr Informationen zur CD gibt es unter der Rubrik Discografie